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Das große Manu-Chao Interview:

Der Megastar u.a. über seine Lieblingsstadt Barcelona, seinen Dreimonats-Lebensrythmus und warum das Verhältnis zu seinen Nachbarn so wichtig ist.

Von Uli Geub (Text )

Köln. Der Erfolg des 1998 erschienenden Albums "Clandestino" von Manu Chao (Name in der Geburtsurkunde: Oscar Tramor) wurde mit "Proxima Estacion: Esperanza" noch getoppt. Binnen weniger Wochen kletterte die neue CD des am 26. Juni 1961 in Paris geborenen Manu Chao Mitte 2001 bis auf Platz Eins in den Deutschen und europäischen Charts. Die Westdeutsche Zeitung unterhielt sich vor seinem umjubelten Konzert am Fühlinger See in Köln (18. August 2001, rund 10 000 Fans !!) mit dem Musiker, der vor seinem Soloprojekt mit der Band Mano Negra in den 80-er und 90-er Jahren weltweit Karriere machte.

Westdeutsche Zeitung: Nach der eher rockig und punkigen Zeit mit Mano Negra, steckt man Sie jetzt in die Kategeorie Weltmusik. Mit ihrem Einverständnis? Manu Chao: Ich möchte nicht irgendwo eingeordnet werden. Meine Musik ist meine Musik und fertig. Was heißt das schon Latin, Rock. Weltmusik . . . Elton John sagt er macht Rockmusik. Ist das für Sie etwa Rockmusik? Also lassen wir das mit dem Einordnen von Musik.

WZ: In ihren Songs kombinieren Sie verschiedene Sprachen wie Englisch, Spanisch, Portugiesisch und Arabisch. Gibt es da ein Konzept beim Songwriting? Manu Chao: Ich mache das mit den Sprachen, wie es kommt und ich Spaß habe. Wenn ich das am Ende verstehe, ist das gut und genug. Da bin ich Egoist. Das ist mein Weg einen Song mit Musik und Lyrik zu füllen. Ich möchte vor allem aber nicht meine Lieder erklären müssen. Jeder, der meine Lieder hört, hat genug Vorstellungskraft sich seine eigenen Reime darauf zu machen.

WZ: Sie komponieren die Songs also frei von irgendwelchen Zwängen? Manu Chao: Ja. Ich denke zuerst einmal an mich. Vor allem nicht an irgendwelche Leute, wenn ich schreibe und ob es diesen wohl gefallen wird oder die Platte sich gut verkaufen lässt. Wenn ich das Lied gut finde, ist es auch gut für die Leute.

WZ: In Südamerika sind Sie ein Megastar. Die Fans rufen bei Konzerten sogar "Manu for President". Haben Sie Angst davor, zuviel Verantwortung aufgelastet zu bekommen? Manu Chao: Da habe ich keine Angst vor. Ich frage mich nur, wenn die Leute mich als President vorstellen: Sie die denn verrückt? Wissen die eigentlich was das bedeuten würde, wenn Manu President würde.

WZ: Wie stark sind Sie in sozialen Themen engagiert? Manu Chao: Alles ist eine soziale Sache und überall auf der Welt gibt es Dinge die stören und verbessert werden müssen. Wo ich helfen kann, helfe ich. Klar wäre es toll mit meiner Freundin nur noch in Brasilien am Strand z leben. Aber du musst immer zurückkehren und dich um die Themen kümmern die dich bedrücken.

Ich fühle mich wie ein menschlicher Sampler

WZ: Wie haben Sie Ihre Band für die aktuelle Welttournee zusammengestellt und welchen Einfluss haben die übrigen Bandmitglieder bei Ihrer Musik? Manu Chao: Vor allem musste die richtige Mischung stimmen für eine solch lange Tour, aus Veteranen, jungen Musikern und mir. Die jetzige Band ist die beste die ich je hatte. Wie im richtigen Leben musst du aber immer lernbereit und offen sein. Nach jeder Tournee trennen wir uns dann aber alle und gehen eigene Wege. Vielleicht treffen wir uns sechs Monate später wieder, vielleicht aber auch nicht. Mein größter Feind ist die Routine und die kommt sehr schnell, wenn alles prima läuft, sich jeder kennt . . . Wir spielen als wer jede Tour die letzte. Zu den Einflüssen kann ich sagen, dass es mein Job ist, die Ohren überall zu haben. Wenn wir im Bus und einer Bar jammen, kommt es schon mal vor das ich sage: stop das war gut - nochmal! Ich fühle mich wie ein menschlicher Sampler. Aber glaube mir, es ist ein wundervoller Beruf.

WZ: In ihrer Musik sind viele Reggae-Einflüsse. Wie stehen Sie zu den Rastas? Manu Chao: Ich habe viel Kontakt mit Rastas und Reggae ist ein großer Einfluss für mich. Ich bin aber kein Rasta, sondern respektiere ihre Kultur und Art, wie ich die der Muslime und aller anderen respektiere.

WZ: Wie sieht die Kooperation mit anderen Bands aus? Manu Chao: Privat wie geschäftlich plane ich nie zu weit voraus. Mein Leben spielt sich im Dreimonats-Rhythmus ab. Diese Freiheit bracuhe ich einfach. Entsprechend beende ich jetzt erst einmal die Welttournee und starte im Oktober in eine neue Welt. Pläne für ein neues Album habe ich also nicht.

WZ: In Paris sind Sie geboren und aufgewachsen, wo leben sie jetzt? Manu Chao: In Barcelona. Das ist in Europa der einzige Platz, an dem ich leben möchte. Portugal käme auch noch in Frage, Lissabon ist auch eine tolle Stadt. Barcelona kommt mir als spanischsprachiges Land natürlich mehr entgegen. Das wichtigste ist aber meine Nachbarschaft, die ich liebe. Wie leben regelrecht zusammen. New York City ist ebenfalls ein unglaublicher Flecken Erde. Überall ist Babylon. Schon zu Mano Negra-Zeiten war ich gerne in New York.

WZ: Ihr Vater stammt aus Galicien. Haben Sie ein besonderes Verhältnis zu dieser spanischen Provinz? Manu Chao: Das ist die beste Gegend in ganz Europa, weil hier noch flächendeckend alte Werte gelten. Europa ist depressiv, weil die Leute nicht mehr wissen, wie das ist zusammen zu leben. Nordspanien ist vielleicht der letzte Ort in Europa , wo alle Generationen Jung und Alt in Frieden, Freundschaft und Respekt voreinander zusammenleben. Da redet der Punk mit dem Bauer, Das ist es auch, was ich an Barcelona liebe. Da leben wir zusammen mit den Nachbarn und leben diesen Spirit.